h2Sat – Die Raumfahrt

Telekommunikation

Wer lässt uns weltweit sicher kommunizieren?

  • H2SatNamensgeber des deutschen Telekomsatelliten ist Heinrich Hertz (zweimal H = H2). Der deutsche Physiker schickte 1886 als erster elektromagnetische Wellen im freien Raum von einem Sender zu einem Empfänger. Die Einheit der Frequenz trägt auch seinen Namen: Eine Schwingung pro Sekunde ist ein „Hertz“.
  • FlexibelDurch neu entwickelte On-board Prozessoren kann H2Sat im Zusammenspiel mit einem innovativen Bodensegment während der Mission neu konfiguriert werden. So kann der Satellit während seiner fünfzehnjährigen Dienstzeit verschiedenen technischen Anforderungen gerecht werden.
  • DoppelauftragDie Heinrich-Hertz-Mission wird vom Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Bundesverteidigungsministerium finanziert und koordiniert.
  • 16 JahreSo lang ist es her, dass ein deutscher Kommunikationssatellit im Orbit war. Die Mission des letzten deutschen Fernmeldesatelliten DFS Kopernikus endete 2002.
  • GrößeH2Sat zählt mit rund 3,5 Tonnen zu den kleineren geostationären Satelliten. Er ist etwa so groß wie ein Kleintransporter.
  • Beteiligte BDLI-UnternehmenArianeGroup, Astro- und Feinwerktechnik Adlershof, Jena-Optronik, OHB, SCISYS, Thales Alenia Space Deutschland, Tesat-Spacecom, Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR)

Telekommunikationssatelliten sind ein zentraler Teil unserer modernen Gesellschaft. Ob schnelle Datenraten für Industrie 4.0, Big Data und die Mobilität der Zukunft, die obligatorische Sportschau am Samstagabend oder internationale Telefongespräche – ohne Comsats, so die Kurzbezeichnung, wäre es auf der Welt sehr viel stiller.

Mit dem nationalen Kommunikationssatelliten Heinrich Hertz meldet sich Deutschland auf dem Markt der raumgestützten Telekommunikation zurück und stellt sich der internationalen Konkurrenz um die besten Ideen und Technologien. „Der neue Heinrich-Hertz-Satellit ist Teil der deutschen Raumfahrtstrategie. Das Vorhaben beweist, dass die deutschen Raumfahrtunternehmen dem Telekommunikationsmarkt nicht nur wichtige Impulse geben, sondern auch eigenständig große Satelliten entwickeln, bauen und starten können“. sagt Walther Pelzer, Vorstand für das Raumfahrtmanagements im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Antennen im All, die jede Milchkanne erreichen

Eigentlich sind Kommunikationssatelliten nur große Verstärker. Sie empfangen Signale von der Erde, verarbeiten und verstärken sie und schicken sie wieder zurück. Bislang nutzen die Betreiber dafür vor allem große Satelliten im geostationären Orbit, kurz GEO-Satelliten. Dort, knapp 36.000 Kilometer von der Erde entfernt, haben diese Satelliten stets die halbe Erdkugel im Blick. Da sie sich in ihrem geosynchronen Orbit mit der Erde mitdrehen, stehen sie immer in etwa auf demselben Punkt über dem Äquator und sind im Dauerkontakt mit ihren Bodenstationen.

Neuere Modelle nutzen dafür Multibeamantennen mit hochfokussierten Strahlen, um Daten zu übertragen. So können sie für Down- und Uplinks nicht nur mehrere Bodenstationen gleichzeitig ansteuern, sondern auch dieselben Radiofrequenzen innerhalb derselben Hemisphäre mehrmals nutzen. „Wir kommen weg von der breiten Verteilung hin zu Technologie, die jedem Nutzer genau das liefert, was er gerade haben will“, erklärt Boris Penné, Programmdirektor Heinrich Hertz bei OHB. „So können Kommunikationssatelliten künftig integraler Bestandteil von Netzwerken werden.“ Damit, so der Ingenieur weiter „können wir wirklich die sprichwörtliche letzte Milchkanne erreichen. Ebenso die Schifffahrt, Off-Shore Anlagen und mittlerweile sogar andere Satelliten.“

Wir kommen weg von der breiten Verteilung hin zu Technologie, die jedem Nutzer genau das liefert, was er gerade braucht.

Boris Penné Programmdirektor Heinrich Hertz, OHB

Bewährte Technik bevorzugt

Angesichts der erheblichen Investitionen, die nötig sind, GEO-Satelliten zu bauen und ins All zu transportieren – viele der Kommunikationssatelliten, die derzeit im Orbit Dienst tun, wiegen bis zu acht Tonnen und brauchten eine entsprechend große Trägerrakete –, sind die Betreiberunternehmen vor allem eins: konservativ. Zwar geht der Trend im Sinne der Kostenoptimierung inzwischen hin zu kleineren Plattformen, aber Zuverlässigkeit immer noch die oberste Maxime. Denn selbst der innovativste Satellit ist nutzlos, wenn er im Weltraum nicht richtig funktioniert.

Am liebsten wird daher Technik ins All geschickt, die sich seit Jahren bewährt hat. Das macht es Raumfahrtunternehmen schwer, neue Systeme zu etablieren. „Zwar wird jeder Satellit vor Start auf eventuelle Schwachstellen getestet – viele der extremen Bedingungen, denen die Technik im All ausgesetzt ist, lassen sich auf der Erde nachstellen. „Aber letztlich müssen neue Raumfahrtkomponenten irgendwann in einer sogenannten In-Orbit-Verifikation beweisen dürfen, dass sie der Hitze und Kälte, Strahlung, Vakuum und Schwerelosigkeit im Weltraum über 15 bis 20 Jahre lang gewachsen sind“, erklärt Penné.

 

Grafische Darstellung des Kommunikationssatelliten Heinrich Hertz
Mit der deutschen Satellitenmission Heinrich Hertz meldet sich die deutsche Raumfahrtindustrie auf dem Markt für geostationäre Kommunikationssatelliten zurück. ©OHB Systems

 

Neue flexible Technologie

Der deutsche GEO-Kommunikationssatellit, der ab 2022 den Betrieb aufnehmen soll, wird zwar durchaus in der Lage sein, Fußballspiele, Telefongespräche und Emails zu übertragen, aber in erster Linie soll er die Weltraumtauglichkeit in Deutschland entwickelter neuer Technologien unter Beweis stellen. Nach der ersten Testphase wird der Satellit für die deutschen Behörden als Kommunikationssystem für Notfälle bereitstehen. „Wenn die Handynetze  auf der Erde nach einer Umweltkatastrophe oder einem Terroranschlag zusammenbrechen, ist es gut, ein System im Weltraum zu haben, über das man sich koordinieren kann“, sagt Penné.

H2Sat, wie der Satellit wegen der beiden H’s in seinem Namen von den Ingenieuren genannt wird, hat neben innovativer Übertragungstechnik auch einen am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen entwickelten neuen On-Board-Prozessor (FOBP) dabei, mit denen er nicht nur Informationen verarbeiten, sondern unter anderem auch während der Mission von der Erde aus umprogrammiert werden kann. Bisher werden Satelliten vor dem Start konfiguriert, weitere Anpassungen sind nicht möglich. „So ist Heinrich Hertz seine ganze Betriebszeit lang lernfähig“, sagt DLR-Projektmanager Heiko Ultes. Mit dieser Technik können Satellitenbetreiber auf Veränderungen des Marktes besser reagieren – und mit H2Sat können Forscher zum Beispiel unter realen Weltraumbedingungen untersuchen, ob es möglich ist, die Antennen am Boden so stark zu verkleinern, dass man sie in Handys einbauen könnte, ohne den Empfang zu beeinträchtigen.

Gebaut und getestet wurde der FOBP zu großen Teilen in Berlin bei der Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH. „Astrofein setzt bei Heinrich Hertz die Wissenschaftsergebnisse aus der Grundlagenforschung in Produkte um“, sagt Geschäftsführer Sebastian Scheiding. „Mit dieser Mission erweitern wir unser Wissen und unsere Kompetenzen – die Anforderungen im GEO ist zum Teil anspruchsvoller als bei Satelliten in niedrigeren Orbits, da hier das Magnetfeld der Erde die Technologie nicht mehr vor bestimmten Strahlen abschirmt.“

Heinrich Hertz bleibt seine ganze Betriebszeit über lernfähig.

Heiko Ultes Projektmanager Heinrich Hertz, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Mehr als 20 Experimente

Insgesamt schicken deutsche Forschungsinstitute und Unternehmen rund zwanzig Experimente zur Kommunikations-, Antennen- und Satellitentechnik mit H2Sat ins All. Neben dem On-Board-Prozessor wird zum Beispiel auch ein in Deutschland entwickeltes elektrisches Triebwerk zum Einsatz kommen. Elektrische Triebwerke verbrauchen deutlich weniger Treibstoff und erlauben damit, bei gleichem Satellitengewicht nahezu die doppelte Nutzlast mitzunehmen.

Eine neue Antennenschüssel aus Karbon, H2KAR, wird auf H2Sat ebenfalls zum ersten Mal getestet. Das leichte, aber extrem stabile Material soll Startgewicht einsparen. Durch die hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit des Materials soll sich die Antennenschüssel bei den extremen Temperaturunterschieden im All weniger verformen und so die Hochfrequenzstrahlen genauer bündeln, sagen die Forscher in München und Braunschweig.

 

 

Militärisches Sperrgebiet an Bord

Weitgehend abgeschirmt von den übrigen Nutzlasten startet auch ein militärischer Repeater mit H2Sat in den Orbit. Das Bundesverteidigungsministerium, das die H2Sat-Mission mitfinanziert, wird ihn dazu nutzen, um die Kommunikationskapazitäten der im Ausland stationierten Truppen zu erhöhen – und natürlich auch, um garantiert kommunikations- und handlungsfähig zu bleiben, falls die Kommunikationsnetze am Boden ausfallen. Die militärische Nutzlast wird lediglich Basisfunktionen wie Energieversorgung und Lageregelung mit den anderen H2Sat-Nutzlasten teilen.

Interlink für Satelliten und Drohnen

Als Relaisstation wird Heinrich Hertz außerdem dafür sorgen, dass Erdbeobachtungssatelliten, die in erdnahen Orbits die Erde umkreisen – LEO steht für „low Earth orbit“ –, deutlich schneller kommandiert werden können. „In der Regel werden Erdbeobachtungssatelliten mit etwa einem Tag Vorlauf mit den Koordinaten programmiert, von denen sie Daten liefern sollen,“, erklärt Boris Penné, Programmdirektor Heinrich Hertz bei Hauptauftragnehmer OHB. „So kann es passieren, dass sie, wenn irgendwo auf der Welt etwas plötzlich passiert, zwar die richtige Gegend überfliegen, aber keine Daten sammeln.“

Rascher Zugriff auf die Satelliten ist bisher nicht möglich: LEO-Satelliten können nur dann Kommandos empfangen, wenn sie in Funkreichweite ihrer Bodenstationen sind. Das sind pro 90-Minuten-Orbit nur etwa zehn bis fünfzehn Minuten. „Mit den Interlink-Fähigkeiten von Heinrich Hertz können neue Kommandos zuerst in den GEO geschickt und dann an die Satelliten übertragen werden. So wird die Übertragungszeit pro Orbit auf etwa 40 Minuten verlängert“, sagt Penné. „Auf diesem Weg können natürlich auch Erdbeobachtungsdaten schneller zur Erde geschickt werden, aber hier ist das Europäische Datenrelais-System EDRS effektiver.“

Mit den Interlink-Fähigkeiten von Heinrich Hertz soll zudem erprobt werden, ob und wie sich zivile Drohnen per Satellit steuern lassen. „Bei der Überwachung von Off-Shore Windkraftanlagen, zum Beispiel, würde H2Sat die Steuerungseinheit vor Ort ersetzen“, erklärt Penné. „So könnte man auch landwirtschaftliche Maschinen steuern. Für Autos im Straßenverkehr reicht es nicht, dazu ist die Verzögerung, bis die Signale ihr Ziel erreichen, dann doch noch zu groß.“

 

Foto des spanischen Kommunikationssatelliten Hispasat 36W-1.
Der spanische Kommunikationssatellit Hispasat 36W-1, der 2016 ins All startete, ist der geostationäre Satellit, der die von OHB entwickelte Plattform SmallGEO-Plattform nutzt. ©ESA

 

Plattform aus Bremen

H2Sat beruht auf der modularen SmallGEO-Satellitenplattform, die in einer öffentlich-privaten Partnerschaft von der Europäischen Weltraumagentur (ESA) und einem Industriekonsortium unter Leitung der OHB System AG entwickelt wurde. „Die Nutzlasten werden kleiner, die GEO-Satelliten daher auch. Auf SmallGEO-basierende Satelliten wiegen nur um die drei Tonnen. Durch die modulare Struktur sind die Satelliten schnell zu bauen und da sie nur die halbe Nutzlast einer Trägerrakete benötigen, ist der Start auch günstiger“, sagt Boris Penné. Das Design ermögliche zudem höhere Übertragungskapazitäten bei geringen Kommunikationskosten, so der Ingenieur weiter.

Mit SmallGEO reagieren die ESA und die deutsche Raumfahrtindustrie auf die zunehmende Nachfrage nach kleineren, flexibleren Plattformen für den geostationären Orbit. EDRS-C, der zweite Knotenpunkt des Europäischen Daten Relaissystems EDRS, das mithilfe von Laserverbindungen Satellitendaten fast in Echtzeit zur Erde transportiert wie auch die die dritte Generation der Wettersatelliten Meteosat, MTG, nutzen die anpassungsfähige Bremer Plattform.

 

 

Kommunikationsnutzlasten aus Backnang

Das Innenleben des Satelliten, also die zivilen und militärischen Kommunikationsnutzlasten werden von Ingenieuren der Tesat-Spacecom entworfen, gebaut und getestet. Mit fünf innovativen Geräteentwicklungen erstellt das Unternehmen die Hälfte aller Technologiebeistellungen der deutschen Raumfahrtmission. „Als erster Satellit wird H2Sat mit einer ganzen Reihe innovativer C-Band Down- und Uplink-Komponenten ausgestattet, die sich individuell von der Erde aus umprogrammieren lassen“, erklärt Jens Freese, Head of MPM (Microwave Power Module) & SSPA (Solid State Power Amplifier) Development „So lassen sich die Signale flexibel mit verschiedenen Antennen fokussiert zur Erde schicken“, ergänzt Ingo Krüger, Head of RF (Radio Frequency) System Development.

Nach der Bewährungsprobe im geostationären Orbit lassen sich die auf H2Sat getesteten Komponenten auch für Satelliten anpassen, die in erdnäheren Orbits unterwegs sind. „Die fliegen zwar schneller und die Strahlenbelastung ist etwas anders“, erklärt Jens Freese. „Aber wir sind dann schon einen großen Schritt weiter, um die Betreiberunternehmen und deren Versicherungen von der Zuverlässigkeit der Technologie zu überzeugen.“

Auch die mehr als 20 wissenschaftlichen Experimente der Mission werden in Backnang integriert. „Für jedes müssen wir nachweisen können, dass es den erfolgreichen Betrieb der anderen Komponenten nicht stört“, erklärt Tobias Kässer, Expert Passive RF Equipment. „Satellitenmissionen sind eben Puzzle-Aufgaben.“

 

3D-Grafik des chemischen H2Sat-Antriebssystems der ArianeGroup
3D-Grafik des chemischen H2Sat-Antriebssystems. Das System wird Mitte 2020 in einer „plug and play“-Version an OHB in Bremen geliefert. Das heißt, das sämtliche mechanischen und thermalen Integrationsschritte schon vorgenommen wurden. Es muss nur noch eingebaut und verbunden werden. Das spart Zeit und verkürzt die Herstellungszeiten im Satellitenbau. ©ArianeGroup

 

Innovative Antriebskombination aus Lampoldshausen

Den Extra-Schub, um seinen Platz im Orbit zügig zu erreichen, bekommt H2Sat von einem mit 400N-Apogäumsmotor und zwölf 10N-Triebwerken ausgerüsteten Zweistoff-Antrieb aus dem Orbital Propulsion Center der ArianeGroup in Lampoldshausen. Während der Schub des Apogäumsmotors etwa der Kraft eines fallenden Zementsacks entspricht, liefern die zwölf 10N-Triebwerke jeweils nur etwa die Schubkraft eines fallenden Feinzuckerpakets.  Da es in der Schwerelosigkeit keinen Luftwiderstand zu überwinden gilt, reicht das völlig aus, um den Satelliten während seiner 15-jährigen Dienstzeit hin und wieder mit kleinen Impulsen dabei zu unterstützen, seine genaue Position im Orbit und die richtige Ausrichtung zur Erde zu halten. Die dazugehörigen Treibstofftanks kommen ebenfalls von der ArianeGroup und werden aus Bremen angeliefert.

Die Mission wird auch hier genutzt, um noch unerprobte Weltraumtechnik zu testen. Die Antriebsregelreinheit sind mit neu entwickelten SMA-Ventilen (Shape Memory Alloy) ausgestattet. „Mit diesen Ventilen können wir das Antriebssystem am Ende der Betriebszeit in einen sicheren Modus versetzen und so verhindern, dass das System explodiert, falls es mit Weltraumschrott kollidiert“, erklärt Stefan Hässler, Leiter Orbital Products, Equipment and Services. „Diese Ventile haben eine deutliche längere Lebensdauer als die Pyroventile, die bisher hier eingesetzt werden.“

 

 Ingenieur mit dem Sternsensor ASTRO APS
ASTRO APS Projektleiterin Sabine Ludwig mit dem Sternsensor vor dem Reinraum bei Jena-Optronik in Jena. Das Gerät misst 15,4 x 15,4 x 23,7 Zentimeter und ist nur 2 Kilogramm schwer. ©Jena-Optronik

 

Das Auge des Satelliten aus Thüringen

Bei der Lageregelung setzt die H2Sat-Mission hingegen auf Bewährtes. Das AOCS, kurz für Attitude & Orbit Control System, ist mit Sternsensoren des thüringischen Raumfahrtunternehmens Jena-Optronik ausgerüstet. Die optischen Messinstrumente fotografieren die Umgebung des Satelliten, setzen die aufgenommenen Sterne in Winkelbeziehungen und gleichen dies mit einem integrierten Sternkatalog ab. Daraus können die genaue Lage und Position des Satelliten präzise berechnet werden.

„Unser Sternsensor ASTRO APS, das Kürzel steht für Active Pixel Sensor, arbeitet besonders genau und kann den Standort des Satelliten mit der Genauigkeit einer Euromünze auf vier Kilometern Entfernung erkennen“, erklärt Projektleiterin Sabine Ludwig. Um Platz an Bord des Satelliten zu sparen, ist er als eine Einheit gefertigt – Elektronik, Optik und Streulichttubus – besonders klein, nur zwei Kilogramm schwer und verbraucht nur wenig Energie. Außerdem hat er eine Lebensdauer von mehr als 18 Jahren.“

Das innovative System war erstmals 2013 mit dem Kommunikationssatelliten Alphasat ins All gestartet und ist auch mit an Bord des im August 2019 ins All gestarteten Relaissatelliten EDRS-C. Beide Satelliten sind Teil des Europäischen Daten Relaissystems EDRS und nutzen die hochgenaue Lagebestimmung des Sternsensors, um die Genauigkeit der Laserverbindungen mit den im niedrigen Erdorbit fliegenden Erdbeobachtungssatelliten zu unterstützen.

 

 

Grafik mit Erdkugel, Satellit, Radarschüssel und einem Kontrollterminal
Die Softwaresuite PLENITER, die bei der H2Sat-Mission eingesetzt wird, liefert alles, was man für eine Satellitenmission benötigt aus einer Hand. ©SCISYS

 

Bodensegment aus dem Ruhrgebiet

Die Gesamtverantwortung für das H2Sat-Bodensegment liegt in Bochum – Entwurf, Umsetzung und die Planung des Missionsbetriebs, alles passiert im Ruhrgebiet. „Wir gehen damit den Schritt vom Zulieferer zum Hauptauftragnehmer“, sagt Ulli Leibnitz, Director Space Germany bei SCISYS Deutschland. „Wir sind durch unsere lange Erfahrung hervorragend dafür aufgestellt.“ Das Unternehmen unterstützt seit Jahrzehnten wichtige deutsche und internationale Raumfahrtmissionen und ist zum Beispiel maßgeblich an den Kontrollzentren des Columbus-Moduls der Internationalen Raumstation ISS und der Navigations-Konstellation Galileo beteiligt.

Als Hauptauftragnehmer ist SCISYS verantwortlich für Design, Implementierung und Lieferung aller Komponenten des Bodensegments – und dafür, den Langzeitmissionsbetrieb vorzubereiten. Das Unternehmen wählt die Standorte für die Kontrollzentren und Antennen in Ost- und Westdeutschland aus und sorgt dafür, dass die notwendige Soft- und Hardware – von der Bodenstationsantenne bis hin zu den Hosting Sites und den Nutzerportalen für die wissenschaftlichen Experimente – für die Kontrollzentren bereitsteht.

Auch das militärische Nutzersegment wird von SCISYS gestellt. Damit können unter anderem Schaltbefehle abgesetzt, die militärische Kommunikationstechnik neu konfiguriert und technische Langzeitanalysen durchgeführt werden.

Herzstück des Bodensegments wird die von SCYSIS entwickelte Softwaresuite PLENITER sein. Die Software liefert alles aus einer Hand – von Planung der Mission, über die Steuerung des Satelliten und seiner Nutzlasten bis hin zur Verarbeitung der Daten. Durch viele automatisierte Funktionen und Prozesse senkt die Software die Betriebskosten des Bodensegments erheblich. Auch die speziellen Cybersicherheitsanforderungen der Mission – da zivile und militärische Nutzlasten an Bord sind, muss H2Sat gelten noch höhere Sicherheitsstandards als ohnehin schon – wird PLENITER durch maßgeschneiderte Sicherheits- und Filtermechanismen gerecht.