MetOp-SG – Die Raumfahrt

Wettersatelliten

Wer weiß, wann der Sturm kommt?

  • EigentümerEuropas Wettersatelliten werden seit 1986 von der Europäischen Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten EUMETSAT von Darmstadt aus betrieben und gesteuert. 30 europäischen Staaten sind Mitglieder – auch Deutschland.
  • KlimawächterSentinel-5, eine Mission des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus, wird als Instrument auf den MetOP-SG-Wettersatelliten mitfliegen.
  • Geostationäre UmlaufbahnWettersatelliten im geostationären Orbit drehen sich in 36.000 Kilometer Höhe mit der Erde mit und bleiben so, im Verhältnis zur Erde, immer in derselben Position.
  • DatenlieferantenDie nächste Wettersatelliten-Generation wird rund 99 Prozent der meteorologischen Daten für Wetterberichte liefern. Nur noch ein Prozent aller Informationen stammt dann von Messstationen auf der Erde.
  • Polare UmlaufbahnDie auf rund 800 Kilometer Höhe fliegenden Wettersatelliten umkreisen die Erde mit einer Neigung von 90° und überfliegen bei jedem Umlauf Nord- und Südpol.
  • Beteiligte BDLI-UnternehmenMetOp: Airbus, Jena-Optronik, Thales Alenia Space Deutschland, SCISYS
    MetOp-SG: Airbus, Jena-Optronik, Hensoldt, Tesat-Spacecom, Rockwell Collins, SCISYS
    MTG: OHB, Airbus, Jena-Optronik, SCISYS, Thales Alenia Space Deutschland

 

Der Blick aus dem Fenster reicht nicht.  „Um zu wissen, wie das Wetter wird, brauchen wir jede Menge Daten, die uns sagen, was in den verschiedenen Schichten der Erdatmosphäre los ist“, sagt der Meteorologe Donald Bäcker, der im ARD-Morgenmagazin den Fernsehzuschauern erklärt, ob sie mit Sonnenschein oder Regen rechnen sollten.

Doch bis Ende 1977 Europas erster Wettersatellit, Meteosat 1 (kurz für meteorological satellite), seinen Platz im geostationären Orbit einnahm, 35 870km über der Erde, war es gar nicht so einfach, schnell an zuverlässige Daten zu kommen. Die europäischen Wetterdienste waren auf die Messungen amerikanischer Satelliten angewiesen, deren Fokus auf der anderen Seite der Welt lag. Als Meteosat-1 dann 48 Bilder pro Tag zur Erde funkte, war der für die damalige Zeit blitzschnelle Datenfluss eine Revolution. Heute schickt die zweite Generation, Meteosat-Satelliten Nummer 8 bis 11, alle 15 Minuten drei Gigabit Daten von Wolken, Nebel und Wetterfronten über dem Indischen Ozean, Europa und Afrika mit 3,326 Megabit pro Sekunde zur Erde. Die große Datenmenge trägt dazu bei, die Genauigkeit der Prognosen erheblich zu verbessern.

 

Schwarzweißbild der Erdkugel.
Das erste Bild, das Meteosat-1 am 9. Dezember 1977 zur Erde schickte, war eine Sensation. ©ESA

Ohne Wettersatelliten keine zuverlässige Vorhersage

Weltweit messen zwar mehr als 11.000 Wetterstationen die für den Wetterbericht wichtigen Schlüsselparameter wie Luftdruck, Temperatur, Richtung und Geschwindigkeit des Windes oder die Luftfeuchtigkeit, aber das, was sich in der Troposphäre, der untersten Schicht unserer Atmosphäre, abspielt, sieht und misst man am zuverlässigsten von oben. Durch den ständigen Wärmeaustausch zwischen Land und Meer, Tropen- und Polarregionen entstehen hier die Winde, Wolken, Hoch- und Tiefdruckgebiete, die, zwölf Kilometer tiefer, das Wetter bestimmen.

„Ohne Wettersatelliten gäbe es keine flächendeckenden Vorhersagen“, sagt Meteorologe Bäcker. “Auf den Satellitenbildern können wir sehen, wie Wolken oder Stürme sich bewegen. Und sie liefern Daten auch aus den Regionen, in denen es auf der Erde kaum Messstationen gibt – in Afrika oder auf den Ozeanen. Europas Wetter kommt oft vom Atlantik her. Prognosen sind leichter, wenn man weiß, wie es dort aussieht.“

Ganze Wirtschaftszweige planen mit Wetterdaten

Und nur mit Satelliten ist es möglich, extreme Wetterlagen wie Tornados, Starkregen oder Blitzeis so früh zu erkennen, dass genügend Zeit bleibt, sich auf ihre Ankunft vorzubereiten. Das schützt Menschenleben und spart Ressourcen. Ganze Wirtschaftszweige, wie Energieerzeugung, Transport, Bauwesen, Landwirtschaft und Tourismus, verlassen sich auf präzise Wettervorhersagen, um effektiv, wirtschaftlich und nachhaltig zu planen. Die europäische Weltraumorganisation ESA schätzt, dass die Wettersatelliten-Daten den Bürgern und Unternehmen Europas einen sozioökonomischen Nutzen von bis zu 61 Milliarden Euro erbringen.

Verstärkung im erdnahen Orbit

Ab 2006 bekamen die geostationären Meteosats Verstärkung durch drei MetOp-Satelliten (kurz für meteorological operational satellite), die im Abstand von jeweils sechs Jahren in den erdnahen Orbit starteten. Der letzte, MetOp-C, ist erst seit November 2018 im Orbit. Eigentlich sollte jeder seinen Vorgänger ablösen, doch da alle ihre erwartete Lebensdauer weit überschreiten, können derzeit alle drei gleichzeitig betrieben werden. Die höhere Auflösung der Bilder, bessere Beobachtung der Polar- und Nordatlantikregion und die bislang genaueste Messung der Temperatur- und Feuchtigkeitsverteilung in der Atmosphäre tragen dazu bei, das Wetter nun für mehr als zehn Tage, statt wie früher nur 24 Stunden, zuverlässig vorherzusagen.

Unter der Federführung von Airbus größtenteils in Friedrichshafen entwickelt und gebaut, umkreisen sie die Erde in einem polarumlaufenden Orbit 14mal am Tag. Für einen Umlauf benötigen sie gerade mal 100 Minuten. Vor dem MetOp-Programm konnte man das Wetter nur zuverlässig für etwa zwölf Stunden vorhersagen. Heute sind es zehn Tage.

Mit ihren 13 Instrumenten erstellen die Satelliten Temperatur- und Feuchtigkeitsprofile der Atmosphäre, überwachen die Wolkenhöhe und -dichte und messen die Konzentration von Ozon und anderen Spurengasen. Zusätzlich übertragen sie Daten von Wetterstationen und können Notrufe weiterleiten. Außerdem haben die MetOps Radarinstrumente an Bord. Das ebenfalls in Friedrichshafen gebaute ASCAT (Advanced Scatterometer) misst unter anderem Geschwindigkeiten und Richtungen der Winde über dem offenen Meer.

 

Das MetOp-Instrument ASCAT (Advanced Scatterometer) klappt erst im Orbit seine länglichen Antennen aus. Es schickt Tag und Nacht Radarpulse zur Erdoberfläche und misst anhand der Rückstreuung Windgeschwindigkeit und Windrichtung. ©ESA

Jeden Tag kreuzen die MetOps den Äquator um 9:30 Uhr, sodass die Daten immer unter denselben Lichtbedingungen gesammelt und so besser vergleichbar werden. Die ideale Grundlage für einen globalen Langzeitblick auf den Zustand der Atmosphäre und den Klimawandel.

 

Die zweite MetOp-Generation arbeitet in Teams

Ab 2022 soll MetOp-SG – die „Second Generation“ – nach und nach ins All starten. Die sechs Satelliten sind in eine A- und eine B-Serie aufgeteilt. Sie haben jeweils unterschiedliche Instrumente an Bord und werden in gemischten Tandems arbeiten.

Die Second Generation kann alles, was die erste konnte – nur besser. Die Messdaten werden eine bessere spektrale und räumliche Auflösung haben, da ihre zehn verschiedenen Instrumente den ultravioletten, sichtbaren Infrarot- und Mikrowellen-Spektralbereich abdecken. Die B-Serie und drei der insgesamt zehn Instrumente werden in Friedrichshafen gebaut. Bei einer nominalen Lebensdauer von 7,5 Jahren per Satellit wird das System bis in die 2040er Jahre hinein aktiv sein.

 

Die Grafik zeigt MetOp-SG Satelliten der A- und B-Serien, wie die die Erde umkreisen.
Metop-SG-A gefolgt von MetOp-SG-B – die zweite Generation der im erdnahen Orbit fliegenden Wettersatelliten wird in gemischten Tandems unterwegs sein. ©ESA

 

Die neuen Meteosats sind Spezialisten

In Bremen und München ist unter der Federführung von OHB die dritte Generation der geostationären Meteosats, kurz MTG für „third generation“, ebenfalls längst in Arbeit. Auch hier sind die Satelliten nicht mehr baugleich, sondern Spezialisten mit unterschiedlichen Instrumenten: die sechs Satelliten sind aufgeteilt in vier „Imager“ und zwei „Sounder“. Und anders als die ersten beiden Generationen, die sich ständig um ihre eigene Achse drehten, blicken die MTG-Satelliten stets auf die Erde. Der Imager liefert alle zehn Minuten Gesamtbilder und alle zweieinhalb Minuten Teilansichten. Aufgrund der deutlich höheren Komplexität der Bilder schickt der Sounder alle 30 Minuten einen Scan von Europa und alle vier Stunden Scans von Afrika und der südlichen Hemisphäre.

 

Ein Meteosat der dritten Generation im Orbit.
Anders als ihre Vorgänger dreht sich die dritte Generation der geostationären Meteosats nicht ständig um die eigene Achse. ©OHB

 

Blitzsensoren erkennen Gewitter aus dem Orbit

Die Imager nehmen mit optischen Kameras Bilder in wesentlich höherer Auflösung auf als bisher und übertragen sie schneller zur Erde.  Die beiden Sounder sind mit dem Infrared Sounder ausgerüstet, einem neuartigen hochauflösenden Spektrometer, mit dem sie die dreidimensionale Bewegung von Wasserdampf und anderen Gasen in der Atmosphäre verfolgen können.  So wird es zum ersten Mal möglich sein, aus dem geostationären Orbit die einzelnen Schichten der Atmosphäre abzutasten und so Informationen über Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit und Feuchte in den verschiedenen Schichten zu sammeln. Der Sounder misst zusätzlich mit dem Sentinel 4 UVN Instrument (Ultra-violet/Visible/Near-Infrared) auch die Konzentration verschiedener atmosphärischer Spurenstoffe. Die Imager können über ihr zweites Instrument, dem Lightning Imager, mit speziellen Blitzsensoren Gewitter erkennen.

 

Das erste Flugmodell der neuen Wettersatelliten MTG (Meteosat Third Generation) in der Imager-Konfiguration wurde von OHB im April das Partnerunternehmen Thales Alenia Space ausgeliefert. ©OHB

 

Der erste MTG-Imager soll 2021 starten, 2023 folgt dann der erste MTG-Sounder. Die Sounder-Satelliten und ihre Instrumente, wie auch die Hauptstruktur und hochkomplexe Optik des Hauptinstruments der Imager-Satelliten werden in Deutschland entwickelt und gebaut.

Trotz aller Fortschritte der Raumfahrtforschung, perfekte Wettervorhersagen wird es nie geben, erklärt Meteorologe Donald Bäcker. „Die Atmosphäre ist chaotisch. Die kleinste Ursache kann urplötzlich zu einer großen Änderung führen. Es gibt auch Wetterphänomene, die durchs Raster fallen. Wärmegewitter, zum Beispiel sind oft so klein, dass es schwer zu sagen ist, wo es blitzen und donnern wird.” Trotzdem werden die Daten der neuen europäischen Wettersatelliten vor allem die lokalen Vorhersagen und die Langzeitprognosen ein gutes Stück in die richtige Richtung bringen.