Rauchmelder aus dem All – Die Raumfahrt

#geschützt

Rauchmelder aus dem All

Fast sechs Millionen Hektar Wald schützt das deutsche Waldbrand-Frühwarnsystem FireWatch weltweit. Die Technik basiert auf Sensoren, die mit der Raumsonde Rosetta zum Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko reisten.

Manchmal muss Raumfahrttechnologie nicht einmal in den Weltraum gestartet sein, um die Welt zu verändern. Und manchmal reicht dafür ein Anruf. So wie der von Ekkehard Kührt im Sommer 1996. Damals berichtete die „Märkische Allgemeine“ über marode Feuerwachtürme in Brandenburgs Wäldern und über Waldarbeiter, die in heißen Sommern mit dem Fernglas nach Rauchsäulen spähen – elf Stunden lang, hoch über dem Boden, ohne Klo oder fließend Wasser und immer mit der Furcht, eine dünne Rauchsäule am Horizont zu übersehen.

Es brennt oft in Brandenburg. 1,1 Millionen Hektar Wald stehen hier auf sandigen, trockenen Böden, die Waldbrandgefahr ist genauso hoch wie in Portugal oder Spanien. Dazu machen Blindgänger und alte Munition die vielen stillgelegten Truppenübungsplätze des Bundeslandes zu Sperrgebieten für Feuerwehren. Das weiß jeder, der hier lebt. Und das wusste auch Planetenforscher Ekkehard Kührt, als er die Forstbehörde anrief. „Sensoren, die Waldbrände aufspüren – das war zu dieser Zeit genau mein Thema“, sagt er.

Kührt war damals Teil des Teams, das am Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof neue Infrarotsensoren für die multispektralen Kamerasysteme der DLR-Wissenschaftsmission BIRD entwickelte. Das Kürzel steht für Bispectral InfraRed Detector. „Ziel war herauszufinden, ob man mit Infrarotsensoren Waldbrände aus dem Weltall entdecken und vermessen kann“, erklärt Kührt.

Um es kurz zu fassen: man kann. Mit dem kleinen Feuermelde-Satelliten, der am 22. Oktober 2001 ins All startete, bewiesen die deutschen Forscher als Erste, dass ihre Infrarotsensoren vom Weltall aus nicht nur Waldbrände entdecken und ihre Ausdehnung bestimmen, sondern sogar ihre Temperatur messen können. „Heute sind so kleine und zuverlässige Infrarotsensoren selbstverständlich – damals waren sie bahnbrechend“, erzählt Ekkehard Kührt. Die Tandem-Satelliten der Nachfolgemission Firebird sind seit 2012 und 2016 im Orbit. Die Daten ihrer Sensoren halfen Rettungskräften bei der Bekämpfung von Großbränden in Israel, Portugal, Chile und Kalifornien.

Schneller im Wald als im Weltraum

Aus der ersten Idee, die Sensoren der BIRD-Mission für ein terrestrisches Waldbrand-Frühwarnsystem zu verwenden, wurde jedoch nichts. „Die BIRD-Sensoren reagieren auf Strahlungsintensität und Temperatur der Feuer und melden sich erst, wenn richtig brennt“, sagt Kührt. „Genau das wollten wir aber vermeiden.“ Also musste etwas her, dass wie die menschlichen Waldbrandschützer schon auf die ersten Rauchwolken reagieren würde. Ekkehard Kührt, eigentlich Experte für Kometen und Asteroiden, hatte aber auch dafür eine Lösung parat.

Gemeinsam mit einem DLR-Team arbeitete der Kometenforscher damals an dem optischen Sensor für ROLIS – jener Kamera auf der Landesonde Philae die während der Kometenjägermission Rosetta, spektakuläre Nahaufnahmen des Kometen 67P/ Tschurjumow-Gerassimenko machen sollte. Das „Rosetta Lander Imaging System“ war darauf ausgerichtet, bei höchster Zuverlässigkeit möglichst viele Graustufen und Helligkeitsunterschiede registrieren zu können – es wusste ja niemand, wie die Oberfläche des Kometen aussehen würde. „Und genau darum geht es auch bei der Raucherkennung: Zuverlässigkeit und detailreiche Abbildung der Landschaft“, sagt Kührt.

 

 

Der Weg der Raumfahrttechnologie in die Wälder war kurz. Nur zwei Jahre brauchten Forscher und Forstbeamte, bis drei Prototypen des ersten multispektralen Waldbrand-Früherkennungssystems der Welt oben auf den Feuerwachtürmen rund um das Forstamt Peitz getestet wurden. „Natürlich gab es Skeptiker, die bezweifelten, dass Technologie Menschen so einfach ersetzen kann“, erinnert sich Forstwirt Raimund Engel, heute Waldbrandschutzbeauftragter des Landes Brandenburg und seit Anfang an mit dabei. „Aber auch die sahen schnell ein, dass die optischen Sensoren dem menschlichen Auge überlegen sind – sie erfassen ein zweieinhalbmal so großes Spektrum, ermüden nicht, können auch nachts gut sehen und daher früher, zuverlässiger und präziser Rauchentwicklungen über große Distanzen erkennen.“

Auch die Frage nach den Kosten war bald geklärt. „Es reicht eine sogenannte Langzeitlage über mehrere Tage, also ein Großbrand, bei der die Feuerwehrleute immer wieder ausgetauscht werden müssen – da hat sich die Investition in die Technik schnell amortisiert“, sagt Engel. Eine Gesetzesänderung, dass Waldbesitzer die Kameras des Warnsystems dulden müssen und eine Ausschreibung für einen geeigneten Industriepartner später war FireWatch, das Waldbrand-Frühwarnsystem made in Brandenburg, geboren.

Staubwolke oder Rauch?

Das FireWatch-Prinzip klingt simpler als es ist: Jede Kamera rotiert binnen sechs Minuten um ihre eigene Achse und überwacht so bis zu 700 Quadratkilometer. Die Sensoren filtern dabei aus 16000 Grauwerten selbst für das menschliche Auge kaum wahrnehmbare Rauchwolken aus einer Umgebung mit Bäumen, Häusern, Seen oder Feldern und melden sie an die Waldbrandzentralen. Das sind Lagezentren, in denen Forstmitarbeiter Waldbrandrisikogebiete an Monitoren im Blick behalten können. Die Software zur Analyse der Graustufen-Daten kommt ebenfalls vom DLR. „Hier konnten wir uns auf unsere Erfahrungen bei der Entwicklung von Bildverarbeitungssoftware stützen, die vom DLR für Rosetta und die Mars Pathfinder Mission entwickelt wurde“, sagt Ekkehard Kührt. „Die Algorithmen werden am DLR weiterhin ständig optimiert.“

In den Waldbrandzentralen werden die Koordinaten des Brandortes automatisch berechnet und auf Landkarten dargestellt. Um die hochaufgelösten Schwarzweißbilder der Rauchsäulen zu interpretieren, die FireWatch mit jeder Warnmeldung mitliefert, braucht es Erfahrung. „Hier kommt wieder der Mensch in Spiel, der schnell entscheiden muss, ob es sich um einen Brandherd im Wald handelt, um einen Autounfall auf der Landstraße oder ob hier nur ein Landwirt bei trockenem Wetter sein Feld pflügt“, sagt Raimund Engel. „Dafür muss man schon ein paar hundert Brände gesehen haben.“

„Die Schwierigkeit besteht darin, so früh wie möglich zu warnen, aber möglichst wenige Fehlalarme auszulösen“, erklärt IQ Wireless Geschäftsführer Holger Vogel. Das Berliner Unternehmen entwickelt FireWatch seit 2001 gemeinsam mit dem DLR ständig weiter und ist auch für die Produktion und Vermarktung des Systems zuständig. „Das ist eine immense Herausforderung an Technik und Software.“ Wolken und Hochnebel sind Fehlerquellen, ebenso wie Staubwolken, Hügel oder Windräder.

 

FireWatch schützt Wälder weltweit

Heute drehen sich die FireWatch-Systeme längst nicht mehr nur auf Türmen in Brandenburgs Wäldern. „Überall, wo in Deutschland erhöhte Waldbrandgefahr herrscht, ist inzwischen ein FireWatch-System in Betrieb“, sagt Holger Vogel. Und nicht nur dort: Weltweit wachen inzwischen rund 280 der Brandenburger Frühwarnsysteme über mehr als sechs Millionen Hektar Wald – in Litauen, Estland, Spanien, Portugal, Slowakei, Chile, Zypern, Mexiko und Kasachstan. „Die Bildverarbeitungs-Software musste den speziellen Landschafts- und Vegetationsformen, zum Beispiel im Mittelmeerraum angepasst werden“, sagt Vogel. Die Sensoren decken einen Spektralbereich von 400 bis 1100 nm ab und sind damit für die unterschiedlichsten regionalen Bedingungen geeignet. Sie können sogar nachts Rauchwolken entdecken. In Brandenburg wird das FireWatch-Netz gerade mit EU-Mitteln modernisiert. Neue Sensoren von IQ Wireless, neue Software vom DLR, zwei effiziente, moderne Waldbrandzentralen statt der alten sechs. „Damit sind wir fit für die nächsten 15 Jahre“, sagt Raimund Engel.

 

 

Rosetta: eine Zeitreise zur Frühgeschichte des Weltalls

Der Weg der Raumfahrttechnologie in den Weltraum dauerte fast zehnmal so lang wie der Weg in die Wälder – knapp 20 Jahre brauchte Rosetta, bis sie es von einer ersten, wilden Idee bis zur Startrampe auf dem europäischen Weltraumbahnhof in Kourou schaffte.

Nachdem 1986 die Raumsonde Giotto, Europas erste Mission in die Tiefen des Sonnensystems den Kern des berühmten Halleyschen Kometen bei einem Hochgeschwindigkeitsvorbeiflug fotografierte, beschloss die Europäische Weltraumorganisation ESA den ehrgeizigen Plan, einen Kometen aus nächster Nähe untersuchen zu wollen. „Kometen sind Überbleibsel aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems“, sagt Ekkehard Kührt. „Anders als die Planeten haben sie sich nicht verändert und erlauben uns so den Blick zurück in die Anfänge des Sonnensystems.“ Für diesen Blick sollte eine Raumsonde einen Kometen anfliegen, ihn begleiten und auch ein kleines Weltraumlabor auf ihm absetzen. Und dann war da ja noch die Frage nach dem Ursprung des Lebens. Stimmte die These, dass es Kometen waren, die vor etwa vier Milliarden Jahren bei ihrem Bombardement der Erde Wasser und organische Moleküle mitbrachten – die Voraussetzung für Leben, wie wir es kennen?

Da die Mission neue Erkenntnisse über Prozesse aus unserer Frühgeschichte bringen sollte, wurde sie nach dem RosettaStein benannt, dessen dreisprachige Inschrift half, die altägyptischen Hieroglyphen zu entziffern und so die längst vergangene Kultur wieder zu entdecken. Die Landeeinheit Philae wurde nach der Nil-Insel benannt, auf der ein Obelisk mit mehrsprachiger Inschrift gefunden wurde, der ebenfalls bei der Entschlüsselung der Hieroglyphen half.

Eine Mission der ersten Male

Als Rosetta dann im März 2004 von einer Ariane-5-Trägerrakete mit einem Geschwindigkeitsrekord (37.476 km/h!) ins All gebracht wurde, drehten sich die FireWatch-Systeme längst über Brandenburgs Wäldern. Doch für Rosetta begann damals eine unglaubliche Reise voller technischer Meisterleistungen und spannender wissenschaftlicher Erkenntnisse. Rosetta war die erste Raumsonde, die zehn Jahre lang auf einer komplizierten Bahn zielsicher zu einem Rendezvous-Punkt mit einem Kometen flog und dabei viermal die Gravitationsfelder von Erde und Mars für Swing-by-Manöver nutzte, um dieselbe Geschwindigkeit zu erreichen wie der Komet. Sie war die Erste, die unterwegs Bilder und genaue Informationen über die Flugbahnen der Asteroiden Steins und Lutetia zur Erde schickte.

Sie war auch die erste Raumsonde, die nach 31 Monaten im Energiespar-Ruhemodus mühelos und voll funktionstüchtig erwachte. Und sie war natürlich die erste – und einzige – Raumsonde, die den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko am 6. August 2014 einholte, ihn quer durch unser Sonnensystem begleitete – vom Jupiter bis in die Nähe der Erdbahn – und dabei zuverlässig Bilder und Messdaten schickte. Und schließlich war sie das erste Raumschiff, dass erst einen Lander – das unter Leitung des DLR in Köln entwickelte Mini-Weltraumlabor Philae – auf einem Kometen absetzte und dann, am 30. September 2016, selbst auf ihm landete – obwohl das vor dem Start der Mission so nicht geplant gewesen war.

Das Wasser der Erde stammt nicht von Kometen

Für die Wissenschaft ist die Reise mit Rosettas spektakulärer Landung noch lange nicht zu Ende: „Am liebsten hätten wir natürlich Proben von dem Kometen zurück zur Erde gebracht“, erzählt Ekkehard Kührt in seinem Büro in Berlin-Adlershof. Vor ihm auf dem Tisch liegt ein kindskopfgroßes Modell von 67P/Tschurjumow-Gerassimenko. Aber auch ohne Proben lieferte Rosetta eine ganze Reihe überraschender Erkenntnisse. Etwa, dass der Komet aus zwei klar abgegrenzten Teilen besteht und dass die Bilder, die Rosetta und Philae zur Erde schickten, eine bizarre, vielseitige Landschaft zeigten, mit Rissen, Terrassen, Löchern, Steilhängen und sogar Dünen. Und da sind auch die vielen verschiedenen Moleküle, die auf dem Kometen entdeckt wurden. Die wichtige Frage, ob Kometen einst Wasser, den Ursprung des Lebens also, auf die Erde brachten, scheint erstmal beantwortet. „Kometen haben höchstens einen kleinen Teil des Wassers in unseren Ozeanen auf die Erde gebracht. Das kann man aus den unterschiedlichen Isotopenverhältnissen ableiten“, sagt. Kührt.

Die Auswertung der Daten werde aber noch Jahre dauern. „Wir haben bei weitem noch nicht alles verstanden“, sagt Kührt. Gerade schreibt er mit an einem Buch über die Rosetta-Mission, das 2020 erscheinen soll. Es wird nicht das letzte Buch über Kometen bleiben. „Kometen und Asteroiden haben uns Menschen schon immer fasziniert. Sie liefern uns ein einmaliges Schauspiel am Himmel, führen uns zurück in die Frühgeschichte des Planetensystems und haben in früheren Jahrhunderten als ‚Götterboten‘ das Handeln der Menschen beeinflusst“, sagt Kührt.

 

 

Rosetta gehörte für viele Ingenieure fast zur Familie

Auch die Raumfahrtingenieure, deren Arbeit eigentlich schon beim Start der Kometenjägerin beendet war, hat die Kometenmission nicht losgelassen.  „Ich bin immer noch voller Ehrfurcht, dass ich daran teilhaben durfte“, sagt der ehemalige Airbus-Ingenieur Tommy Strandberg, der in Friedrichshafen bei der Integration für Rosettas Avionik-System, Lageregelung, Datenverarbeitung und Software verantwortlich war. „Wir haben ein einzigartiges Raumfahrzeug ins Weltall geschickt.“ Die 31 Monate, die Rosetta im Tiefschlaf verbrachte, um Energie zu sparen, seien die härtesten gewesen. „Bis zum Aufwecktermin im Januar 2014 wussten wir nicht, ob die Sonde überhaupt noch einsatzfähig ist.“ Schließlich waren in der Zeit nur das Heizsystem, ein „Wecker“ und der Radioempfänger in Betrieb geblieben. Kontakt zur Erde gab es nicht.

Als am 20. Januar 2014 das erste Signal der Sonde pünktlich zum Aufwachtermin im Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) eintraf, standen dort vielen erfahrenen Raumfahrtingenieuren vor Glück die Tränen in den Augen. Alles hatte perfekt funktioniert. Die Systeme hatten sich selbstständig wieder hochgefahren. Rosetta hatte sich ihren Sternenkameras am Fixsternhimmel orientiert und 64 Quadratmeter großen Solarpaneele in Richtung Sonne ausgerichtet. Nachdem die Akkus wieder genügend Energie hatten, hatte sie ihre Hauptantenne zur Erde ausgerichtet das programmierte Signal losgeschickt. Als das erste Trägersignal mehr als eine Stunde später in Darmstadt eintraf war der Jubel grenzenlos.

Nur mit Sonnenenergie bis über den Jupiter hinaus

Design und Konstruktion der Rosetta-Sonde haben Raumfahrtgeschichte geschrieben. Die thermische Auslegung, zum Beispiel, die Temperaturen von -270° C bis +100° C standhalten musste, war eine technische Meisterleistung. Ein Teleskop mit Sternsensor konnte durch eine spezielle Software mögliche Interferenzen durch Kometenstaubpartikel ausgleichen. Und die eigens entwickelten Solarzellen der 14 Meter langen Solarpaneele konnten auch extrem geringe Lichtintensität in Energie verwandeln. „Noch nie zuvor war ein nur mit Solarenergie angetriebenes Raumfahrzeug über den Orbit des Jupiters hinausgereist“, erklärt Strandberg. Rosetta hatte dort nur knapp vier Prozent des im Erdorbit verfügbaren Sonnenlichts, um 650 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt, die 440 Watt Energie zu erzeugen, die sie brauchte. 

„Jede Mission ist einzigartig. Aber wir profitieren heuten noch von den technischen Erfahrungen, die wir bei Rosetta gesammelt haben“, erklärt Strandberg, der zuletzt als Avionics und Operations Manager die Forschungssonde BepiColombo begleitet hatte, die gerade Richtung Merkur unterwegs ist. „Das war aber nicht alles. Für viele von uns gehörte Rosetta irgendwie zur Familie.“ So sieht das auch Andrea Accomazzo, der als Flugleiter der Rosetta-Mission die Sonde im ESOC in Darmstadt steuerte. „Es war etwas ganz Besonderes – und eine sehr langsame Angelegenheit“, sagt er. „Erst schlief sie jahrelang. Dann brauchte jeder Befehl und jede Antwort 30 Minuten bis er da war. Schnelle Manöver sind so nicht möglich.“ Doch dann, nach dem Aufwachen, wurde es spannend: Da der Komet nur einen Bruchteil der Anziehungskraft der Erde hat, war es eine Herausforderung, Rosetta auf der Umlaufbahn zu halten.  „Mit den Bildern, die Rosetta alle vier bis sechs Stunden lieferte, wurde der Kurs für den jeweils nächsten Tag festgelegt“, erinnert sich Accomazzo. Auch das Ende der Mission, die spektakuläre, ungeplante Landung auf 67P/Tschurjumow-Gerassimenko wurde so vorbereitet. „Als junger Ingenieur in Italien habe ich am Antriebssystem von Rosettas Landeeinheit Philae mitgearbeitet“, erzählt Accomazzo. „Ich hatte damals gerade meine Frau kennengelernt. Als sie in meiner Tasche einen Zettel mit dem Namen „Rosetta“ und einer Telefonnummer fand, stellte sie mich wütend zur Rede. So etwas vergisst man nie.“

Die ganze Welt fieberte mit Rosetta mit

Während ihrer zehnjährigen Reise quer durch das Sonnensystem war die Rosetta-Mission bei vielen in Vergessenheit geraten. Aber vom ersten Lebenszeichen im Januar 2014 an fieberten überall auf der Welt Millionen von Menschen mit Rosetta und Philae mit. 2016 besuchten mehr als 700.000 Menschen die Sonderausstellung „Kometen – die Mission Rosetta: Eine Reise zu den Ursprüngen des Sonnensystems“ im Museum für Naturkunde in Berlin und bestaunten das mehr als vier Meter große „Tschuri“-Modell. Ein Jahr später wanderte die Ausstellung nach Wien und war ähnlich gut besucht. Kometen, zwei tapfere Raumschiffe auf dem Weg ins Ungewisse – das war – und ist – genau der Stoff, der Menschen zum Träumen bringt.

 

 

Durch FireWatch ist Brandenburg international bekannt

In Brandenburg brennt es immer noch oft. Mehr als 420 mal allein in 2019. Die Sommer werden heißer und trockener, die Waldbrandgefahr wird Jahr zu Jahr größer. Im Juni standen auf einem Truppenübungsplatz bei Jüterborg zeitweise 744 Hektar Wald in Flammen – das sind mehr als 1000 Fußballfelder. Tut das Raumfahrtwarnsystem denn, was es soll? „Aber sicher! So ein Brand wie in Jüterborg zeigt, wie wichtig es ist, Brandherde früh zu erkennen und zu löschen“, sagt Waldbrandschutzbeauftragte Raimund Engel und zückt die Statistik. „Durch die Früherkennung ist viel weniger Fläche betroffen. „2018 hatten wir 512 Waldbrände mit 1.663,7 Hektar Schadfläche. Die meisten davon, 450, haben wir gelöscht ehe sie einen halben Hektar zerstören konnten“, erklärt er. Dass die elf Brände auf ehemaligen Truppenübungsplätzen teilweise mehr als 300 Hektar zerstören konnten, habe mit dem Früherkennungssystem nicht zu tun. „Erkannt haben wir sie ja früh – nur löschen konnten wir sie nicht, da die Feuerwehren die Gebiete nicht betreten können.“

Natürlich gebe es noch viele Stellschrauben, an denen man drehen könne, betont Engel, der die Warnmeldungen per App auf dem Handy empfängt und so ständig im Bilde ist, wann und wo es brennt. „Im Erkennen sind wir schon spitze, jetzt müssen wir die Meldekette noch schneller machen, etwa, indem wir die Koordinaten der Brandherde direkt auf die Navis der Einsatzfahrzeuge übertragen.“ Außerdem habe FireWatch Brandenburg in der internationalen Fortwirtschaft zu einem festen Begriff gemacht. „Hier kommt das System her, hier werden den Weiterentwicklungen getestet. Das ist doch was!“

Auszeichnung in der „Space Technology Hall of Fame“

Tatsächlich wurde FireWatch schon sehr früh international gewürdigt. Schon im Jahr 2000 gab es den Deutsch-Polnischen Innovationspreis für das damals noch junge System. Im April 2012 – da jagte Rosetta noch im Tiefschlaf ihrem Kometen nach – wurden die FireWatch-Entwickler von der amerikanischen Space Foundation in die Space Technology Hall of Fame aufgenommen. Ekkehard Kührt und seine DLR-Kollegen Jörg Knollenberg, Herbert Jahn und Thomas Behnke wurden für die Entwicklung und erfolgreiche erste Vermarktung des Waldbranderkennungssystems geehrt. Und IQ wireless GmbH wurde für die Weiterentwicklung des Systems als „Innovating Organization“ ausgezeichnet.

Es war das erste Mal, dass nicht-US-amerikanische Organisationen diesen Preis erhielten. „Die Auszeichnung ist eine große Ehre – und die Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Kurs sind“, sagt Ekkehard Kührt.  „Es ist das, was ich immer wollte: Den Weltraum erforschen und die dafür entwickelten Raumfahrttechnologien auf der Erde nutzbar zu machen.“ Derzeit stehen für ihn zwar die Rosetta-Daten an erster Stelle. Aber die Schlüssel für die drei brandenburgischen Feuerwachtürme, auf denen die Tests mit den FireWatch-Prototypen liefen, und die er damals – oft auch nachts – für Problemanalysen aufsuchte, hat der Kometenforscher immer noch.